Rosenboot 2Einführender Text von Marion Landolt, Kuratorin Foto Forum St. Gallen, 1999
Zwei Jahre benötigte das "Rosenboot" für seine Reise von Aubonne, VD nach Kreuzlingen, TG. Die Bootstaufe fand im Jahre 1997, anlässlich einer Ausstellung mit dem beziehungsreichen Titel "Lieu de Mémoire", im Château d'Aubonne statt. Lisa Schiess hatte sich von der Form des barocken Schlosshofes - die einem Schiff gleicht - mit seinem faszinierenden Mosaik inspirieren lassen und dieses "Schiff" mit Rosenstöcken gefüllt.
Jeder Rosensorte war der Name eines Meeres zugeordnet und der Gedanke, dass dieses Rosenboot auch noch andere Häfen (sprich Ausstellungs- oder Installationsorte) ansteuern sollte, lag auf der Hand.
Nun wirft das Rosenboot auf dem Platz vor dem "Haus zum Hammer" seinen Anker aus und folgt, als wachsende, soziale Plastik, seiner Bestimmung, verschiedene Orte und deren Menschen zusammenzuführen.
Die Installation von Lisa Schiess ist als Aufforderung zu verstehen, einen neuen, noch unbelebten Platz in einen Ort der Kontemplation und der Begegnung zu verwandeln. Die Rosen aus dem Rosenboot werden sich im flachen, ruhigen Wasser eines langen Bassins spiegeln, werden die Passanten einladen, sich auf den gegenüberliegenden Bänken einen Moment der Ruhe zu gönnen, werden sie mit ihrer Farbenpracht erfreuen und mit ihrem Duft betören. Und jeder Rundgang um die plastische Arbeit wird zur fiktiven Reise über die Meere.
Kreuzlingen ist nach Aubonne die zweite Station einer gewünschten und sinnstiftenden Installation des Rosenbootes an verschiedenen Orten im öffentlichen oder privaten Raum. Dass dabei den jeweils veränderten räumlichen und sozialen Bedingungen Folge geleistet wird und jede weitere Plastik als autonom zu betrachten ist, liegt im Charakter dieses Projektes begründet.
Ueber der Zukunft leuchtende Sterne
Zu Lisa Schiess' "ROSENBOOT"-Installation / Platz "Haus zum Hammer"/ Kreuzlingen CH
Text von Dieter Kief, Thurgauer Zeitung, Mai 1999
Vor dem Haus zum Hammer geht bildlich gesprochen Lisa Schiess' "ROSENBOOT" vor Anker. Die heute in Zürich lebende, aber in Kreuzlingen geborene Künstlerin realisierte mit dieser Installation ein Kunstwerk, das sich wie selbstverständlich in das Konzept des öffentlichen Platzes vor dem Haus einfügt, aber auch im Treppenaufgang (10-teilige Fotoserie "RAINY-DAY-ROSES") seine Spuren hinterlassen hat.
Dem "ROSENBOOT"-Projekt eignet nichts von der Titanic, jedoch viel von fasslicher und erlebbarer Sinnlichkeit an. Kein triumphaler Gestus nötigt Passanten, die sich einfach nur ausruhen und erfreuen wollen. Schiess gibt vielmehr leise und poetische Fingerzeige für jene, die Zeit und Lust haben, sich auf ihre Arbeit einzulassen.
Drei mal drei Sorten Rosen in drei jeweils einer Sitzbank auf der anderen Seite des Wasserspiels gegenüberliegenden und wie die Bänke streng rechteckigen Beeten entfalten einen Farb-und Duftreigen. Die Farbpalette entwickelt sich vom Weiss der "Mount-Shasta"-Rose über Gelb und Rosa bis hin zum samtigen Dunkelrot der "Barkarole", also dem kleinen Boot.
Mit dieser letzten Pflanze in der Reihe schliesst sich einerseits ein Kreis. Doch andererseits gibt Lisa Schiess mit dieser "Bootsnamen-Rose" einen spielerischen Verweis auf den Namen der gesamten "ROSENBOOT"-Installation und öffnet den Assoziationsraum Richtung Wasser.
Rechts vor den Beeten ist in die Piazzetta ein Schriftzug eingelassen: "UEBER TIEFE MEERE FUEHRT DER WEG - ROSEN AUS DEM ROSENBOOT". Jeder Pflanze zugeordnet ein Meer: Vom Eismeer bis zum Pazifischen Ozean. Doch die geografischen Bezüge sind damit nicht ausgereizt. Denn die "ROSENBOOT"-Installation von Lisa Schiess befindet sich selbst auf der Reise. Ihren Anfang hat diese Reise vor zwei Jahren im wadtländischen Aubonne genommen. Wohin der Weg sie von Kreuzlingen aus führen wird, das können wir momentan freilich allein aus jenen Sternen lesen, die nachts den Seefahrern leuchten.
Dieter Kief
Konstanz, Mai 1999