ANDERS-WO? / DIFFERENT
à propos Differenz
von Lisa Schiess
Medien machen es möglich, dass verschiedene Kulturen mit grosser Geschwindigkeit einander näher rücken.
Jede Kultur besitzt aber nach wie vor ihren ganz eigenen Ausgangspunkt oder Charakter, basierend auf ihrer jeweiligen Geschichte, aber auch auf ihrer geografischen Situation, welche die Menschen und deren Alltag geprägt haben und weiter prägen werden.
Deshalb sind Fusionen, wie sie die Wirtschaft heute generell betreibt, im kulturellen Bereich sehr fragwürdig. "Kulturelle Fusionen" sind oft genauso einem unsichtbaren Diktat jener Seite unterworfen, welche das Geld bzw. die Produktionsmittel besitzt und laufen deshalb Gefahr, manipuliert zu werden.
Es gilt, sowohl das Gemeinsame (Archetypen?), als auch die Differenz verschiedener Kulturen fruchtbar n e b e n e i n a n d e r wirken zu lassen. Dies kann nur in einer Atmosphäre passieren, die getragen wird von Neugier, Respekt und Qualität und die den Weg öffnet für einen konstruktiven Diskurs . Nur so können eventuell auch Kooperationen im wahrsten Sinne des Wortes entstehen.
Die Einzigartigkeit verschiedener Kulturen ist ein Schatz, den man nicht verlieren sollte.
Ich meine damit, dass gerade die Andersartigkeit verschiedener Kulturen Energien freisetzen kann, welche unter Umständen auch neue Dimensionen von Poesie ergeben können. Das Stehenlassen und Ertragen von Differenzen betrachte ich vorerst als grundlegend.
Dass soll nicht heissen, dass Fusionen keinen Platz hätten. Sie dürfen einfach nicht bloss aus exotischen oder marktstrategischen Momenten heraus entstanden sein. Diese Grundgedanken gelten, so meine ich, für alle Künste.
Die Kooperation mit Komponisten aus Kairo und Zürich im Projekt "Ma Bohème" geht von obigen Gedanken aus. Es soll die Möglichkeit geboten werden, die Gleichzeitigkeit von Verschiedenem bzw. das Nebeneinander von Qualitäten zu zeigen, zu hören und zu diskutieren - und wer weiss, vielleicht auch Aehnlichkeiten oder sogar Gemeinsamkeiten festzustellen!? -
August 2000